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Emotionen prägen uns. Sie durchziehen unsere gedanklichen, körperlichen und sozialen Vorgänge und stehen in Wechselwirkung mit ihnen. Von Entscheidungsprozessen, über zwischenmenschliche Interaktion bis zu Fragen von Gesundheit und Wohlbefinden, nichts lässt sich ohne Emotionen befriedigend erklären – und erleben.  

Emotionen

  • sind verhaltenssteuernd,
  • variieren in ihrer Ausprägung mit der Bedeutsamkeit der jeweiligen Situation,
  • bestehen in spezifischen körperlichen Aktivierungen, die der Situationsanpassung dienen,
  • sind verortbar vor allem im limbischen System, also in jener Funktionseinheit des Gehirns, die der Verarbeitung von Emotionen und der Entstehung von Triebverhalten dient
  • werden vor allem als Muskelaktivitäten spürbar,
  • sind in der Ausschüttung unterschiedlicher Neurotransmitter (Serotonin, Adrenalin, Oxytocin usw.) messbar,
  • können bewusst wahrgenommen werden und – im Unterschied zum Affekt – beeinflusst werden. Affekte sind sehr intensive, heftige und nur kurzzeitig auftretende Emotionen (z.B. Wut- oder Panikanfälle).

Unser Gefühls-Eisberg

Ein Gefühl, also das, was wir bewusst als Angst, Freude, Wut oder Trauer identifizieren können, ist nur die Spitze des Eisbergs. Wie bei einem Eisberg bleibt auch bei emotionalen Prozessen vieles im Verborgenen. Denn Emotionen betreffen nicht nur das subjektive Erleben, sondern umfassen auch körperliche Reaktionen auf bestimmte Auslöser, die uns auf ein Verhalten vorbereiten und uns zum Handeln bewegen sollen. Eine Emotion ist sehr umfassend und weitreichend. Sie fokussiert unsere Aufmerksamkeit, beeinflusst unser Denkvermögen und unsere Selbsteinschätzung – also unsere kognitiven Prozesse. Sie wirkt sich auf unsere Körperfunktionen wie Herzfrequenz, Blutdruck und Schwitzen aus, die vom vegetativen (=autonomen) Nervensystem und von Hormonen gesteuert werden – die physiologische Komponente der Emotion. Schließlich bahnt sich eine Emotion in Mimik, Gestik, Klang der Stimme und Verhaltenstendenzen unweigerlich einen Weg nach außen (Verhaltenskomponente).

 

The Wheel of Emotions

Der amerikanische Psychologe Robert Plutchik hat 1980 das Rad der Emotionen entwickelt, um die verschiedenen Beziehungen zwischen menschlichen Emotionen zu veranschaulichen. Das Rad der Emotionen kann uns dabei helfen, unsere manchmal mysteriösen oder überwältigenden Gefühle zu verstehen. So können wir den tatsächlichen Ursachen für unsere Essanfälle auf den Grund gehen.

Das Emotionsrad ist ein Rahmen, der die verschiedenen Beziehungen zwischen menschlichen Emotionen veranschaulicht. Obwohl angenommen wird, dass Menschen über 34.000 verschiedene Emotionen erleben können, basiert das Modell von Plutchik auf nur acht Grundemotionen, die in verschiedenen Ausprägungen und Kombinationen jede andere Emotion beschreiben, die wir erleben. Diese acht Grundemotionen sind

  • Wut (rage),
  • Wachsamkeit/Klarheit (vigilance)
  • Begeisterung (ecstasy)
  • Bewunderung (admiration)
  • Angst (terror)
  • Erstaunen (amazement)
  • Trauer (grief) und
  • Ekel (loathing).

Indem wir lernen, diese acht Emotionen zu identifizieren, können wir unserem manchmal impulsiven Verstand helfen, objektiv zu bleiben, wenn eine Reaktion ausgelöst wird.

Wenn wir z.B. einer Schlange begegnen kommen wir zu dem Schluss, dass wir in Gefahr sind (Kognition) und als Folge davon Angst (Emotion) verspüren. Diese Angst wiederum motiviert uns, Maßnahmen zu ergreifen, die unsere Überlebenschancen verbessern. Auf die gleiche Art können wir auch unsere emotionalen Essanfälle identifizieren. Wenn eine Kollegin sich mit fremden Federn schmückt und den gemeinsam erstellten Report als den ihren darstellt werden wir traurig (Kognition). Wir suchen Trost und finden diesen in Form eines Schokoriegels.

Plutchiks Rad der Emotionen hilft uns dabei, uns um unsere eigenen Gedanken zu kümmern und ihnen mit Geduld und Neugier zu begegnen. Nach und nach können wir gesündere und konstruktivere Wege finden, um auf eine Situation zu reagieren.

 

The Feeling Wheel

Dr. Gloria Willcox rief, ebenfalls in den 1980er Jahren, das The Feeling Wheel, also das Gefühlsrad, ins Leben und erschuf damit ein in der Psychologie gern genutztes Mittel um Patientinnen und Patienten dabei zu unterstützen ihre wahren Gefühle bewusst zu werden.

Mithilfe des Rades können wir unsere genauen Gefühle und Emotionen erforschen. Wir fragen uns wie wir uns fühlen Dabei verwenden wir das Gefühlsrad von innen nach außen und erforschen warum wir dieses Gefühl haben.

Emotionen

Wie genau die einzelnen Komponenten zusammenhängen, was bei emotionalen Prozessen zuerst kommt und was wie wodurch verursacht wird, beschäftigt die Wissenschaft seit über einem Jahrhundert. Unter Wissenschaftlern ist strittig, ob es Muster physiologischer Veränderungen gibt, die eine eindeutige Diagnose einer Emotion ermöglichen. Emotionen sind so komplex, dass sie für Forscher schwer zu fassen sind, sodass diese sogar mit den grundlegenden Begrifflichkeiten zu kämpfen haben. Dies brachten die beiden Emotionsforscher James Russell und Ernst Fehr in einem viel zitierten Satz auf den Punkt: „Jeder weiß, was eine Emotion ist, bis er gebeten wird, eine Definition dafür zu geben.“

In der Forschung herrscht also Uneinigkeit darüber, wie genau Motivationen und Emotionen zusammenhängen und sich voneinander abgrenzen lassen. Beim Unterschied von Emotionen und Stimmungen gibt es jedoch Konsens. Während unter Emotionen vergleichsweise kurzlebige Reaktionen auf einen – äußeren oder gedanklichen – Anlass, verstanden werden, bezeichnen Stimmungen eher länger anhaltende, weniger stark ausgeprägte Zustände, oft ohne erkennbaren Auslöser.  

Unumstritten ist, dass Emotionen Farbe in unser Leben bringen und diese Farben sind nicht immer nur schön und harmonisch. Aber versucht man sich das Leben ohne sie zu denken, streng sachlich und rational, ohne Gefühl und Mitgefühl, wäre die menschliche Existenz gespenstisch grau, leer und ohne jede Bedeutung. Auch ginge viel von dem verloren, was uns als Personen und unsere Lebensgeschichten jeweils einzigartig macht. Die individuelle Emotionalität ist ein entscheidender Teil unserer Persönlichkeit. Und es sind gerade die mit starken Emotionen einhergehenden Episoden in unserer Vergangenheit, die uns geprägt haben und unsere Identität ausmachen. So können wir uns an die erste Liebe besser erinnern als an den Geographiestoff der Oberstufe und kann das beste Menu in einem Haubenrestaurant nicht annähernd mit dem Apfelstrudel von Oma mithalten. Emotionale Ereignisse graben sich besonders tief in unser Gedächtnis ein.

Häufig – wie auch beim emotionalen Essen – genießen Emotionen einen schlechten Ruf. Sie bringen vernünftige Abwägungen durcheinander, Entscheidungen werden irrational getroffen und Menschen werden unberechenbar. Es ist unbestritten, dass etwa ein hitziger Streit oft wenig zur Problemlösung beiträgt, ebenso wie die Emails in unserer Inbox weniger werden, wenn wir uns beim Lesen mit Schokolade vollstopfen. Jedoch haben sich Emotionen im Laufe der Evolution nicht grundlos entwickelt. Sie sind unerlässlich dafür, überhaupt Entscheidungen treffen zu können und auf unsere Umwelt in angemessener Weise zu reagieren. Antoni Damisio, Neurowissenschaftler an der University of Southern California formuliert es so „Emotionen sind kein Luxus sondern ein komplexes Hilfsmittel im Daseinskampf.“

Emotionen wurden durch die Evolution hervorgebracht, damit wir überlebenswichtige Dinge tun und unsere Gene an die nächste Generation weitergeben. Um dies zu gewährleisten, ist emotional bedingtes Verhalten mit angenehmen oder unangenehmen Gefühlen verbunden. Schreckreaktionen, etwa der Sprung zurück auf den Gehsteig, wenn plötzlich die Hupe neben uns ertönt, können das Leben retten. Ebenso Ekel, der den Menschen davon abhält, krankheitserregende Dinge anzufassen oder zu verspeisen. Lust und Freude zeigen uns wofür es sich lohnt, unsere Energie und Zeit einzusetzen.

„Emotionen sind also ein mächtiges System zur Bewertung von Situationen und zur Initiierung von Handlungen. Und sie sind schnell: Die emotionale Reaktion ist oft schon erfolgt, bevor wir uns der Sache überhaupt bewusst sind, geschweige denn darüber nachgedacht haben.“ Auch für das soziale Miteinander haben Emotionen eine zentrale Funktion. Ein Großteil unserer Kommunikation geschieht – wenn auch oft unbewusst – durch die Übertragung von Emotionen über deren Ausdruckskomponenten, also über Mimik, Gestik Körpersprache und Stimmlage. So können wir uns auf ein Gegenüber einstellen, bevor dieser sein Anliegen überhaupt in Worte gefasst hat, oder wir nehmen in größeren Menschenansammlungen blitzschnell wahr, wo bedeutsame Dinge vor sich gehen, wo es sich teilzuhaben lohnt oder wo möglicherweise Gefahr drohen kann.

Quellen und weiterführende Literatur

Pontes, U. (2018) Was sind Emotionen?

Wikipedia. Emotion.

Lexikon der Neurowissenschaft, Limbisches System

White, M. (2020) Emotion Wheels Help Us Label Our Feelings — Here’s Why That’s Important

How to identify your feelings.

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