Die Auslöser (Trigger) für unsere Essanfälle sind vielfältig.

  • Sie können sowohl durch unser Hormonungleichgewicht beeinflusst sein,
  • wir können Heißhungeranfällen aufgrund starken Blutzuckerschwankungen unterliegen und
  • unsere Emotionen und Gewohnheiten können Ursache für unser gestörtes Verhältnis zur Nahrungsaufnahme sein.

Daher ist es unbedingt notwendig in einem ersten Schritt die Auslöser und Ursachen zu identifizieren. Wir beobachten uns also selbst. Ein Schritt der bei uns emotionalen Essern nicht einfach ist. Wir müssen Farbe bekennen, uns in die Augen sehen und dürfen uns nicht einmummeln und verstecken – wie wir es in der Regel nach Essanfällen tun. Dies erfordert Mut. Doch wie formulierte es Erin Hanson so schön: 

There is freedom waiting for you,
On the breezes of the sky,
And you ask “What if I fall?”
Oh but my darling,
What if you fly?

In diesem Sinne: Machen wir gemeinsam den Schritt über unsere emotionale Klippe, breiten wir unser Flügel aus und fliegen wir in ein neues Lebensgefühl!

Verschiedene Methoden helfen uns dabei die Auslöser für unser Verhalten zu identifizieren. In diesem Artikel möchte ich das ABC-Modell von Albert Ellis, das von Katrin Vergin für emotionale Esser adaptiert wurde, und das Führen eines Ernährungstagebuches (meine go-to-Methode) vorstellen:

ABC-Modell der Gewohnheitsanalyse bei emotionalem Essen 

Das ABC-Modell wurde von dem US-amerikanischen Psychologen und Psychotherapeuten Albert Ellis als einfaches Modell für die Entstehung von Emotionen und Verhaltensweisen entwickelt.

In seinen Forschungen erkannte er, dass ein Reiz nicht unmittelbar zu Gefühlen oder Handlungen führt, sondern das es einen – meist unbewussten – Zwischenschritt gibt. 

Würde ein Ereignis direkt zu einem Gefühl führen, wäre dies wie ein Reflex zu beurteilen, an dem wir wenig ändern könnten. Auch wenn wir genau diesen Ansatz häufig als Ausrede oder Erklärung für unser Verhalten nutzen, findet aber zwischen Ereignis und Gefühl eine Beurteilung statt. Durch diesen Zwischenschritt gibt es einen wirksamen Ansatzpunkt – die bewusste oder unbewusste Umbeurteilung. 

  • Activating experiences – innere oder äußere Wahrnehmung
  • Beliefs – Annahmen und Interpretationen
  • Consequences – Verhalten und Gefühle


Dr. Kathrin Vergin hat in ihrem Buch “Emotional Eating: Wie du die Hintergründe deines Essverhaltens verstehst und zu innerer Balance findest” dieses Modell  auf emotionales Essen ungelegt:

  • A steht für Auslöser (Activating experiences – innere oder äußere Wahrnehmung): Wir fragen uns hier, was dem Essanfall vorausging, wie wir uns dabei gefühlt haben und wo der Essanfall stattgefunden hat. 
  • In einem zweiten Schritt sehen wir unser Verhalten an (B = Beliefs – Annahmen und Interpretationen): Wie lange hat der Essanfall gedauert? Was haben wir in welcher Reihenfolge gegessen?
  • Im letzten Schritt (C = Consequences – Verhalten und Gefühle) prüfen wir welche Konsequenzen sich daraus ergeben haben, was wir nach dem Essanfall gemacht und wie wir uns gefühlt haben. 

 

Die kognitive Umstrukturierung

Der ABC-Ablauf birgt aber die Gefahr zur selbstverstärkenden Schleife. Die Schlussfolgerungen,

Emotionen und Handlungen können einen verstärkten Fokus auf das Ereignis richten. Die Wahrnehmungsfilter sind verändert und das Gehirn sucht nach Beweisen für die aufgestellten Annahmen, um die Schlussfolgerungen und Meinungen noch zu verstärken.

Das kann sich sogar zu einer emotionalen Abwärtsspirale entwickeln. Klassische Beispiele dafür sind Panik, Depression, Klaustrophobie, Hypochondrie oder Verfolgungswahn, ebenso wie Selbstzweifel oder Eifersucht.

Aus diesem Grund hat Ellis dem ABC-Modell noch die Schritte D und E hinzugefügt:

D = Dispute – Hinterfragen der  die ungünstigen Annahmen und Thesenbildung

E = Effect –  neue positive Auswirkungen erleben und Erfahrungen machen

Wir prüfen also unsere Annahmen und Schlussfolgerungen und mache un Wahrnehmungen und Informationen bewusst, die der bisherigen Interpretation widersprechen. Was könnte “A” noch bedeuten? Wir unterbrechen den Kreis oder erschaffen einen hilfreichen ABC-Kreis.

Wenn wir bemerken, wie wir auf ein Ereignis ungünstig reagieren, sollten wir bewusst auf das “B” achten, ins “D” gehen und ein neues “E” erschaffen: Wir stellen uns also die Frage, welche Glaubenssätze gerade zum Tragen kommen, wo wir sie her haben und ob sie ganz sicher wahr sind. Sind die Annahmen, die wir getroffen hast, plausibel? Würden wir mit anderen Annahmen oder einer Umfokussierung zu einem anderen Ergebnis kommen?

Ernährungstagebuch

Eine weitere Methode, um Licht ins Dunkel unserer Essgewohnheiten zu bringen ist das Führen eines Ernährungstagebuches. Hier geht es nicht darum zu tracken was wir, wann gegessen haben, sondern vor allem darum unsere Gefühle, Emotionen und Gewohnheiten bezogen auf unsere Ernährung zu verstehen und Zusammenhänge zu erkennen.

Essen wir weil wir körperlichen Hunger verspüren, uns der verlockende Duft in die Bäckerei lockt, aus Gewohnheit, weil wir gerade Mittagspause haben, uns einsam fühlen oder uns ärgern, alleine oder mit anderen, zwischendurch oder lassen wir Mahlzeiten aus?

Wie setzt sich unsere Ernährung zusammen?

Welche Lebensmittel nehmen den Hauptteil unseres Speiseplans ein?

 

Form des Ernährungstagebuches

Das Führen des Ernährungstagebuches sollte Spaß machen. Über Wochen hinweg – oder auch für länger – soll es täglich gepflegt werden. Welche Form man wählt (Papierform oder digitale Variante) ist daher vor allem Geschmacksache. Wichtig ist, dass wir es uns so komfortabel wie möglich zu machen.

Ich nutze gerne die Notizen-App meines Handys auf die ich auch am Laptop Zugriff habe. Abends habe ich es mir zum Ritual gemacht, die Notizen durchzugehen, zu ergänzen und zu reflektieren. Dazu verwende ich gerne mein Notizbuch. Probier aus, finde die für dich geeignete Methode – und erzähl mir davon in den Kommentaren!

Was wird protokolliert?

Wichtigste Regel: Sei gewissenhaft und ehrlich! Schreibe alles auf was du zu dir nimmt – auch die kleinen Snacks zwischendurch.

Das Ernährungstagebuch sollte auch nach einigenTagen noch verständlich und nachvollziehbar sein. Daher wird protokolliert:

  • was wir essen und trinken, 
  • wann wir essen,
  • wo wir essen,
  • mit wem oder bei welcher Gelegenheit wir essen,
  • wie wir uns dabei, davor und danach fühlen,
  • ob wir Beschwerden haben,
  • ob uns das Essen gut tut und wir Freude haben,
  • ob und wie wir uns bewegen,
  • ob es an dem Tag Besonderheiten gab?

 

Ich unterteile meine Notizen in folgende Teilbereiche:

  • Uhrzeit Ι Ort Ι Gelegenheit
  • Lebensmittel & Getränke
  • Gefühle & Notizen
  • Bewegung (Mind & Body)
  • dafür bin ich heute dankbar
  • meine TagesanalyseΙ mein Fazit

 

Das Ernährungstagebuch auswerten

Nach einigen Tagen erkennen wir meist bereits Muster unserer Ernährung:

  • Wann snacken wir,
  • wann genießen wir unser essen,
  • wann essen wir aus Langeweile,
  • wie fühlen wir uns im Zusammenhang mit unserer Ernährung,
  • welche Beschwerden treten auf,
  • etc. 

Es ist nun Zeit Bilanz zu ziehen. Was willst du ändern? An welchen Hebel kann gedreht werden? Was willst du ändern?

Auch diese Ziele gehören ins Tagebuch. Wir sind auf dem Weg in die nächste Etappe unserer Reise.

 

Der weitere Weg

Bei der Umstellung unserer Ernährung ist das Ernährungstagebuch auch ein hilfreicher täglicher Begleiter. Wir protokollieren weiter unsere Ernährung und die Auswirkungen. Auch wenn wir zwischendurch mal vom Wagen plumpsen, notieren wir es und gehen einfach weiter. 

Jede Woche planen wir ein Jour-fixe mit uns selbst. Wir schmökern in unserem Tagebuch, reflektieren, adaptieren unseren eingeschlagenen Weg, feiern uns für die bereits geschafften Etappen und planen unsere weitere Reise.

Ich nutze diese Zeit gerne zum zur Ruhe zu kommen. Sonntag Früh – wenn alles noch ruhig ist – mache ich mir einen guten Kaffee, höre entspannende Musik, zünde eine Kerze an, verwende ätherische Öle, meditiere und reflektiere meine (Ernährungs-)Woche. Diese Me-Time beruhigt und stärkt mich und ist mittlerweile zur geliebten Gewohnheit geworden. 

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