Auswege aus emotionalem Essen

Gewohnheiten bestimmen unseren Alltag. Jedoch dürfen wir nicht Gefangene unserer Gewohnheiten sein, sondern sollten Strategien entwickeln, um aus dem Teufelskreislauf schlechter Gewohnheiten zu entkommen.

Der Aufbau einer Gewohnheit lässt sich in vier Schritte unterteilen:

  • Auslösereiz,
  • Verlangen,
  • Reaktion und
  • Belohnung.

Durch Aufteilung einer Gewohnheit in diese einzelnen Bestandteile können wir besser erfassen, was eine Gewohnheit eigentlich ist, wie sie funktioniert und wie man sie verbessert. Dieses Schema bildet das Gerüst einer jeder Gewohnheit und unser Gehirn durchläuft diese Schritte stets in der gleichen Reihenfolge. 

Erörtern wir die vier Bestandteile im Detail:

Aulösereiz

Der Auslösereiz veranlasst unser Gehirn, ein bestimmtes Verhalten auszuführen. Es handelt sich dabei um eine Information, die eine Belohnung in Aussicht stellt. Auslösereize für unsere Vorfahren waren primäre Belohnungen wie Nahrung, Wasser und Sex. Die heute wichtigen Auslösereize sind sekundäre Belohnungen wie Geld, Ruhm, Macht, Status, Lob, Anerkennung, Liebe, Freundschaft oder ein Gefühl der persönlichen Zufriedenheit und Geborgenheit. Unser Verstand analysiert unsere innere und äußere Umgebung permanent, um Hinweise auf mögliche Belohnungen. Da der Auslösereiz das erste Anzeichen für eine unmittelbar bevorstehende Belohnung ist, ruft er natürlich ein Verlangen hervor.

 

Verlangen

Das Verlangen bildet die Motivation hinter einer jeder Gewohnheit. Ohne eine gewisse Motivation oder Willen – also ohne Verlangen nach Veränderung – sehen wir keinen Anlass zum Handeln. Wir verlangen ja nicht nach der Gewohnheit an sich, sondern vielmehr nach der Veränderung des Zustands, die sie bewirkt. Jedes Verlangen hängt mit dem Wunsch zusammen, den inneren Zustand zu verändern und ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Reaktion

Bei der Reaktion handelt es sich um die tatsächliche Gewohnheit, die wir entweder als Gedanken oder als Handlung ausführen. Ob eine Reaktion auftritt, hängt davon ab, wie motiviert wir sind und wie viel Aufwand mit dem Verhalten verbunden ist. Wenn wir nicht bereit sind, eine körperliche oder geistige Anstrengung auf uns zu nehmen, die eine bestimmte Handlung erfordert, werden wir diese nicht ausführen. Unsere Reaktion hängt auch von unseren Fähigkeiten ab, d.h. eine Gewohnheit kann nur dann entstehen, wenn man dazu in der Lage ist.

Belohnung

Die Reaktion führt schließlich zu einer Belohnung, also dem eigentliches Ziel jeder Gewohnheit.  Der Auslösereiz weist bereits auf eine mögliche Belohnung hin. Das Verlangen zeigt, dass man die Belohnung will. Mit der Reaktion verschafft man sich schließlich die Belohnung. Belohnungen erfüllen zwei Zwecke: Sie befriedigen uns und wir lernen daraus. Unser Gehirn ist regelrechter ein Belohnungsdetektor. Ständig überwacht unser sensorisches Nervensystem, welche Handlungen unsere Wünsche erfüllen und Freude bereiten. Freude und Enttäuschung sind Teil des Feedbackmechanismus, mit dem unser Gehirn nützliche Handlungen von unnützen unterscheidet. Wenn ein Verhalten in einer der vier Phasen seinen Zweck nicht erfüllen kann, kann es nicht zur -Gewohnheit werden. (Clear, 2020, S. 67 ff)

Diese vier Schritten bilden gemeinsam eine neurologische Feedbackschleife – Auslösereiz, Verlangen, Reaktion, Belohnung, Auslösereiz, Verlangen, Reaktion, Belohnung – mit der wir automatisierte Gewohnheiten schaffen können (Gewohnheitsschleife).

Clear, Atomic Habits, Gewohnheitsschleife

Dieser Prozess läuft also als endlose Rückkopplungsschleife in jedem Augenblick unseres Lebens ab. Der Auslösereiz und das Verlangen stellen dabei die Problemphase dar, während Reaktion und Belohnung die Lösungsphase bilden. Sämtliches Verhalten wird durch den Wunsch getrieben, ein Problem zu lösen. 

 

Gewohnheiten ändern

Wenn wir nun unsere Gewohnheiten erfolgreich ändern möchten, kommen nach James Clear vier Gesetze zur Anwendung: Die neue Gewohnheit muss

  • offensichtlich,
  • attraktiv
  • einfach und
  • befriedigend sein.

Die Gewohnheit muss offensichtlich sein

Wenn wir eine neue Gewohnheit etablieren möchte, ist es entscheidend, dass der Auslöser dieser Gewohnheit für uns leicht wahrnehmbar, also offensichtlich. Die häufigsten Auslöser sind Zeit und Ort (z.B. morgens nach dem Aufstehen putzen wir uns die Zähne, nach dem Mittagessen essen wir etwas Süßes, abends vor dem Fernseher greifen wir zur Packung Chips).

Durch die Koppelung von Gewohnheiten können wir eine neue Gewohnheit mit einer aktuellen Gewohnheit verknüpfen: Beispiele:

  • „Wenn ich mir etwa zu essen mache, lege ich immer das Gemüse zuerst auf den Teller.“
  • „Wenn ich mich über meine Kollegin ärgere, stehe ich auf und atme drei Mal tief durch.“

Die Gestaltung unserer Umgebung, sodass sie uns zu den besten Gewohnheiten anregt untertützt uns enorm. So sollte der Küchenschrank nicht mit Süßigkeiten vollgefüllt sein, das Buch, das wir lesen wollen, auf dem Nachttisch bereitliegen, die Yogamatte auf uns warten wenn wir uns abends nach einem anstrengenden Arbeitstag entspannen und dehnen möchten und es kann auch nicht schaden, wenn unsere Laufschuhe beim Besuch der Schwiegermutter im Vorzimmer für einen kurzen Ausflug in die Natur bereitstehen. 

 

Die Gewohnheit muss attraktiv sein

Wir neigen dazu die Gewohnheiten von Familie, Freunden, der Mehrheit oder den Mächtigen, also Menschen, die in unseren Augen über Status und Prestige verfügen, nachzuahmen. Wenn wir also positive Gewohnheiten aufbauen möchten, erweist es sich als besonders effektiv, wenn wir uns einer Gruppe anschließen, in der das angestrebte Verhalten das normale Verhalten ist und mit der man bereits etwas gemeinsam hat. So können wir uns beispielsweise mit Freunden zu samstagmorgendlichen Waldspaziergängen verabreden, anstatt nach einem ausgiebigen Brunch die Einkaufsstraßen unsicher zu machen.

Die Gewohnheit muss einfach sein

Am effektivsten lernt man eine neue Gewohnheit – wie alles im Leben – durch Übung. Mit jeder Wiederholung wird das Verhalten immer automatischer. Es ist wichtiger unsere neue Gewohnheit häufig zu üben, die Dauer der Übung ist nicht so relevant. Ein kurzer Spaziergang nach Feierabend oder vor dem Schlafen gehen zwei Seiten zu lesen führt schneller zu einer neuen Gewohnheit, als wenn wir unregelmäßig lange Wanderungen unternehmen oder uns jeden zweiten Samstagnachmittag für einige Stunden in unserem gemütlichen Lesestuhl mit einem guten Buch freihalten.

Das menschliche Verhalten verfolgt dem Gesetz der geringsten Anstrengung. Von Natur aus werden wir uns immer für jene Alternative entscheiden, die den geringsten Aufwand erfordert. Daher ist es wichtig, dass wir uns eine Umgebung schaffen, in der es so einfach wie möglich ist das Richtige zu tun um eine neue positive Gewohnheit zu etablieren.

Dabei kann die 2-Minuten-Regel sehr hilfreich sein. Demnach soll eine neu begonnene Gewohnheit nicht mehr als zwei Minuten in Anspruch nehmen. Wichtig ist vielmehr, dass eine Gewohnheit überhaupt erst entsteht. Dann ist im Laufe der Zeit auch eine Verbesserung und Optimierung der neuen Gewohnheit möglich. 

Die Gewohnheit muss befriedigend sein

Wir sind eher bereit ein Verhalten zu wiederholen, wenn es befriedigend sind. Damit eine Gewohnheit Bestand hat, ist daher ein unmittelbares Erfolgserlebnis essentiell, auch wenn es sich nur um eine Kleinigkeit handelt. Wenn wir unseren abendlichen Tee aus einer besonders schönen Tasse trinken und dabei unsere Lieblingsmusik hören, wird daraus eher eine Gewohnheit werden, als wenn wir dabei an den leckeren Kuchen denken, wen wir auf dem Heimweg in der Konditorei gesehen haben. 

 

Nähere Informationen zu Gewohnheiten und wie man sie ändern kann, findet ihr in dem Buch Atomic Habits von James Clear. Eine klare Empfehlung! 

James Clear, Atomic Habits

James Clear, Die 1%-Methode – Minimale Veränderung, maximale Wirkung: Mit kleinen Gewohnheiten jedes Ziel erreichen

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